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Politiker kritisieren Sinns Warnungen vor der "Target-Falle"

GDN - Das neue Buch des Ifo-Präsidenten Hans-Werner Sinn mit dem Titel "Die Target-Falle" hat zum Teil wütende Reaktionen aus der Politik hervorgerufen. Sinn lenkt in dem Buch die Aufmerksamkeit auf das "Target-2-System", in dem sich Zahlungsbilanz-Ungleichgewichte von inzwischen mehr als einer Billion innerhalb des Euroraums abbilden.
Der SPD-Haushaltspolitiker Carsten Schneider sagte der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe), die Target-Salden seien ein Kennzeichen für Fehlentwicklungen in der Eurozone. Mit der Höhe der Zahlen werde jedoch "eine Angstkampagne" geführt, denn Zahlungsausfälle wären nur bei einem Auseinanderbrechen des Euro zu befürchten, sagte Schneider – ohne Sinn namentlich zu nennen. Steffen Kampeter (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, sagte auf Nachfrage der Zeitung: "Die Target-Salden sind nicht Ursache, sondern ein Symptom der Vertrauenskrise in der Eurozone, an deren Bewältigung die Regierungen der Euro-Staaten mit Nachdruck arbeiten." "Target 2" ist das System der Europäischen Zentralbank (EZB) und der nationalen Notenbanken zur Abwicklung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs. Seit Ausbruch der Krise sind die Peripheriestaaten tief in negative Salden abgerutscht. Darin drücken sich Leistungsbilanzdefizite und eine ansteigende Kapitalflucht aus. Umgekehrt hat die Deutsche Bundesbank inzwischen sehr hohe Forderungen, die im Frühjahr 2011 noch bei gut 300 Milliarden Euro lagen, anderthalb Jahre später im August auf 751 Milliarden Euro geklettert sind. Nach den neuesten Zahlen hat sich der Saldo etwas auf 695 Milliarden Euro vermindert. Der Ifo-Präsident kritisiert die Target-Kredite als zweiten Rettungsschirm – neben den vom Parlament gebilligten Rettungsfonds EFSF und ESM. Deutschland habe auch aus den dort offenen Target-Forderungen erhebliche Risiken, falls die Gegenparteien, die Zentralbanken der Peripherie, ausfallen sollten. Deutschland stecke mithin in einer Falle und werde erpresst, immer weitere Rettungsgelder nachzuschießen, um ein Auseinanderbrechen der Eurozone und damit Verluste aus Target-Forderungen zu vermeiden. Laut Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer stellten die Target-Verbindlichkeiten Griechenlands von derzeit 108 Milliarden Euro ein erhebliches Risiko dar. "Wenn der griechische Staat offen zahlungsunfähig würde und das Land die Währungsunion verließe, wäre ein Großteil der 108 Milliarden Euro vermutlich nicht mehr eintreibbar." Unterstützung erhielt Sinn von Lüder Gerken, dem Direktor des Centrums für Europäische Politik (CEP) in Freiburg. Deutschland werde entsprechend seines EZB-Kapitalanteils von 27 Prozent von Ausfallrisiken betroffen. "Das Target-System ist einer der Gründe, warum die Bundesregierung immer größeren Kredithilfen für die maroden Südländer zustimmt, die nie zurückgezahlt werden dürften", sagte er der Zeitung. "Wir werden also bluten, entweder als Sparer durch den Verlust eines großen Teils unserer Ersparnis oder als Steuerzahler durch Kredithilfen, die nie zurückgezahlt werden." Die Politik versuche die Problematik kleinzureden.
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