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Januar 2013: Einführung des zentralen Vollstreckungsgerichts

Amtsgericht Goslar

GDN - Zum 1. Januar 2013 wird bei dem Amtsgericht Goslar das Zentrale Vollstreckungsgericht für Niedersachsen eingerichtet. Hauptaufgabe des Zentralen Vollstreckungsgerichts wird es sein, ein landesweites Schuldnerverzeichnis zu führen.
Zusätzlich wird das Zentrale Vollstreckungsgericht über ein Bundesportal mit den Vollstreckungsgerichten der anderen Bundesländer verknüpft sein. Aus den Schuldnerverzeichnissen der einzelnen Bundesländer wird auf diese Weise erstmals ein bundesweites Schuldnerverzeichnis gebildet werden. In das Schuldnerverzeichnis werden Personen eingetragen, die ihren vollstreckungsrechtlichen Auskunftspflichten nicht nachkommen oder gegen die die Vollstreckung erfolglos geblieben ist. Auch nach geltendem Recht wurden Schuldnerverzeichnisse über Personen geführt, die die eidesstattliche Versicherung abgegeben haben oder gegen die ein Haftbefehl erlassen wurde, weil sie die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung verweigerten.
Anders als bisher werden die Verzeichnisse jedoch nicht mehr bei jedem Amtsgericht (= Vollstreckungsgericht) einzeln, sondern in jedem Bundesland an einer einzigen zentralen Stelle geführt, dem Zentralen Vollstreckungsgericht. Für einen einsichtnehmenden Gläubiger hat dies den Vorteil, dass er künftig nicht mehr befürchten muss, der Schuldner könnte im Schuldnerverzeichnis eines ihm nicht bekannten Gerichts eingetragen sein. Dies verspricht einen effektiveren Schutz der Gläubiger insbesondere vor solchen unzuverlässigen Schuldnern, die ihren Aufenthaltsort häufig wechseln, wie es beispielsweise bei sog.
Mietnomaden der Fall ist. Zu beachten ist, dass die “alten" Schuldnerverzeichnisse an den für eine Übergangszeit weiter bestehen bleiben.
Eintragungen in das neue Schuldnerverzeichnis setzen nämlich voraus, dass der zugrundeliegende Vollstreckungsauftrag ab dem 1. Januar 2013 bei der Gerichtsvollzieherin oder dem Gerichtsvollzieher eingegangen ist. Lag der Auftragseingang noch im Jahr 2012, wird auch die Eintragung noch im alten Schuldnerverzeichnis vorgenommen. Einsicht in diese Schuldnerverzeichnisse bei den Amtsgerichten erhalten unter anderem Privatpersonen, die darlegen können, Auskünfte zu benötigen, um wirtschaftliche Nachteile abwenden zu können (Auskunftsinteresse). Diese Einsichtsmöglichkeit wird sich ab kommendem Jahr auf das bundesweite Schuldnerverzeichnis ausweiten.
Welche Aufgaben werden zentralisiert, was bleibt dezentral?
Bei dem Zentralen Vollstreckungsgericht werden neben dem Schuldnerverzeichnis (§ 882h Abs. 1 in Verbindung mit §§ 882b ff. ZPO) künftig auch die Vermögensverzeichnisse zentral verwaltet (§ 802k Abs. 1 in Verbindung mit § 802f Abs. 6 ZPO). Es handelt sich dabei also in erster Linie um eine zentrale Datenverarbeitungsstelle. Die Einrichtung des Zentralen Vollstreckungsgerichts führt nicht dazu, dass die übrigen Amtsgerichte nicht mehr mit der Zwangsvollstreckung befasst wären. Die Zwangsvollstreckung selbst wird weiterhin z. B. durch die Gerichtsvollzieherin oder den Gerichtsvollzieher oder das Vollstreckungsgericht bei dem jeweiligen einzelnen Amtsgericht betrieben.
Die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher bei dem Amtsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen Wohnsitz hat, nimmt die Vermögensauskunft ab (§ 802e ZPO) und übermittelt sie in elektronisierter Form an das Zentrale Vollstreckungsgericht. Auch die richterlichen Entscheidungen im Rahmen des Zwangsvollstreckungsrechts werden nicht zentralisiert, sondern weiterhin vom einzelnen Vollstreckungsgericht getroffen, so zum Beispiel:
Entscheidungen der Richterinnen und Richter über Rechtsbehelfe gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung (z.B. Vollstreckungserinnerung des Schuldners gegen die Abnahme der Vermögensauskunft); Entscheidungen der Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger über Vollstreckungsschutzanträge gemäß § 765a ZPO (z. B. Räumungsschutzverfahren)
Entscheidungen über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnungen in Zwangsvollstreckungssachen Durchführung des Kostenfestsetzungsverfahrens gemäß § 788 ZPO richterlicher Erlass eines Haftbefehls (z.B. auf Antrag des Gläubigers, wenn sich der Schuldner grundlos weigert, eine Vermögensauskunft zu erteilen). Aufgaben dieser Art werden nicht auf das Zentrale Vollstreckungsgericht übergehen!
Wer kann die zentral abgelegten Vermögensverzeichnisse einsehen?
1. Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvollzieher

2. Vollstreckungsbehörden nach § 284 Abgabenordnung

3. weitere bestimmte Vollstreckungsbehörden im Rahmen ihrer Aufgaben

4. Vollstreckungsgerichte

5. Insolvenzgerichte

6. Registergerichte

7. Strafverfolgungsbehörden, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.

Privatpersonen haben keinen unmittelbaren Zugriff auf die Vermögensverzeichnisse. Die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher übersendet das vom Schuldner abgegebene Vermögensverzeichnis an jeden Gläubiger, der gegen diesen Schuldner die Zwangsvollstreckung betreiben darf und einen Antrag auf Abgabe der Vermögensauskunft stellt (§ 802d Abs. 1 S. 2 ZPO).
Wer kann das Schuldnerverzeichnis einsehen?
Das Schuldnerverzeichnis kann nach § 882f ZPO von jedem eingesehen werden, der darlegt:
a) die Einsichtnahme für Zwecke der Zwangsvollstreckung zu benötigen. Ein
vollstreckungsbedingtes Einsichtsinteresse besteht insbesondere dann, wenn der Gläubiger vor der Entscheidung steht, ob ein Vollstreckungsversuch unternommen werden soll.
b) dass er Einsicht nehmen muss, um wirtschaftliche Nachteile abzuwenden, die dadurch entstehen, dass ein Schuldner seiner Zahlungsverpflichtung nicht nachkommt. Dies trägt dem berechtigten Interesse des Geschäftsverkehrs Rechnung, dass man sich rechtzeitig und mit vertretbarem Aufwand über die Kreditwürdigkeit seiner möglichen künftigen Geschäftspartner vergewissern kann.
Behörden können das Schuldnerverzeichnis einsehen, um zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung von öffentlichen Leistungen vorliegen (insbesondere Sozialleistungsträger). Auch zu Strafverfolgungszwecken ist eine Auskunftserteilung (nur) an die Strafverfolgungsbehörden möglich; ebenso kann man sich des Schuldnerverzeichnisses bedienen, wenn man rechtlich zu einer Bonitätsprüfung verpflichtet ist.
Wie kann man in das Schuldnerverzeichnis Einsicht nehmen?
Abfragen erfolgen über das Internet über die ab dem 1. Januar 2013 freigeschaltete Internetseite www.vollstreckungsportal.de. Hier muss sich die einsichtnehmende Person zunächst registrieren lassen. Sie erhält dann auf postalischem Wege eine PIN, mit der sie ihre Abfrage starten kann. Bei der Abfrage müssen die Daten der Schuldnerin oder des Schuldners und der Zweck der Abfrage angegeben werden. Diese Angaben werden protokolliert, so dass die Abfrage im Nachhinein zurückverfolgt werden kann. Dies ist erforderlich, um zu gewährleisten, dass es nicht zu unberechtigten Abfragen kommt. Das Schuldnerverzeichnis ist kein Mittel zur Befriedigung allgemeiner Neugier (etwa, ob der Nachbar im Schuldnerverzeichnis steht).
Darüber hinaus ist vorgesehen, dass für Personen, die über keinen Internetzugang verfügen, bei jedem Amtsgericht die Registrierung möglich ist und sie dort über einen Monitor das Verzeichnis einsehen können.Es ist beabsichtigt, künftig für jede einzelne Abfrage aus dem Schuldnerverzeichnis eine Gebühr von voraussichtlich 4,50 Euro zu erheben.Weitere Informationen erhalten Sie über das Justizportal des Bundes und der Länder unter http://www.justiz.de/onlinedienste/vollstreckungsportal/index.php.

Einlieferer erhalten nähere Informationen über das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) unter http://www.egvp.de/.

Das niedersächsische Zentrale Vollstreckungsgericht beim Amtsgericht Goslar wird demnächs
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