Technik

Privatsphäre war gestern, heute ist der gläserne Mensch Realität

Unerkannt durch das Internetland


Bildmontage (Quelle: Roland Kreisel)
GDN - Spätestens seit der Aufdeckung der NSA-Überwachungsaffäre sind viele Menschen verunsichert und sich im Unklaren darüber, wie sie ihre virtuelle Privatsphäre schützen können. Doch die Internetgemeinde wird nicht nur von gewissen Staaten ausspioniert, sondern auch von großen Konzernen.
Die Vision eines totalitären Überwachungsstaates in George Orwell's Roman "1984", die uns vor 20 bis 30 Jahren noch unrealistisch vorkam, erscheint anhand der letzten Enthüllungen harmlos gegenüber der heutigen Realität. So ist zum Beispiel Österreich eines der Länder, deren Telekommunikationsaktivitäten zur Gänze (!) von der NSA überwacht und archiviert werden. Die Sammelbegeisterung mancher Staaten und Konzerne kennt keine Grenzen und hat heutzutage schon längst die Türen zur Privatsphäre durchbrochen.
Viele der großen Suchmaschinenbetreiber haben ohne unser Wissen riesige Datenbanken mit persönlichen Informationen zusammengestellt. Auch von Ihnen. Das große Problem dabei ist, dass diese Daten sehr leicht in falsche Hände geraten können. Wenn sie das nicht ohnedies schon längst sind. Aufgezeichnet und archiviert wird unter anderem, aus welchem Land und Ort man kommt, wonach man gesucht hat, die IP-Adresse, und welche Websites man besucht. Zudem lassen sich auch Betriebssystem, Browser und andere technische Details ermitteln.
Eine bekannte US-Werbefirma, die die derzeit beliebteste Suchmaschine gleichen Namens betreibt, geht nach eigenen Angaben zufolge sogar soweit, dass sie nur anhand der Auswertungen der Suchbegriffe eine Grippewelle voraussagen kann, noch bevor diese ausgebrochen ist. Zudem kann dieser Konzern auch punktuell genau sagen, was die Menschen in einer gewissen Region aktuell gerade bewegt und beschäftigt, und das inzwischen sogar auf dem gesamten Planeten.
Anhand dieser Beispiele stellt sich die berechtigte Frage, wie man die Privatsphäre, die uns ja laut Verfassung und Menschenrechten theoretisch zusteht, zurückgewinnen kann. Eine Möglichkeit wäre, alle Onlinerechner von Netz zu nehmen und ein fröhliches Offlinedasein zu genießen. Doch das ist heute für die meisten Menschen keine Lösung, zu sehr haben uns die neuen Medien eingenommen. Oft sind Beruf und soziale Verpflichtungen damit verbunden. Doch es gibt auch Onlinelösungen, mit denen man zumindest einen kleinen Teil seiner Privatsphäre schützen kann.
Exemplarisch zählen wir hier Suchmaschinen auf, welche die IP-Adresse entweder verschlüsselt oder gleich gar nicht speichert. Allerdings muss man wissen, dass die persönliche IP-Adresse dennoch im Server-Protokoll jeder aufgerufenen Website aufgezeichnet und archiviert wird.

Die wichtigsten Suchmaschinen für die “private“ Suche sind (Liste exemplarisch):
privatesearch.net
startpage.com
privatelee.com
ixquick.com
Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, kann auch den Tor-Browser benutzen. Dieser Open-Sourse-Browser ermöglicht ein weitgehendes anonymes Surfen im Internet mit Firefox. Doch auch Tor bietet keine hundertprozentige Anonymität gegen jeden Angreifer. So ist es durch Überwachung einer ausreichend großen Anzahl von Tor-Knoten oder größeren Teilen des Internets möglich, nahezu sämtliche über Tor abgewickelte Kommunikation nachzuvollziehen.

Download unter: torproject.org
Oft wenig beachtet: Jede Bestellung übers Internet hinterlässt deutliche Spuren. Große Online-Auktionshäuser oder Online-Versandhäuser merken sich, wer wann Lust worauf hatte, wie lange Mann/Frau auf der Seite verweilte, welchen Browser er/sie benutzte, und von wo aus. Dazu sind selbstverständlich die vollständigen persönlichen Daten ebenfalls gespeichert, inklusive Kontonummer. Es fehlt nur oft noch die Passnummer, dann ist man hüllenlos gläsern. Was Statistik und Datenbanken bei Stammkunden daraus machen, bleibt Ihrer Phantasie überlassen.
Neu im Wohnzimmer: Der wunderschöne neue Flatscreen mit Internet. Klar, Kamera und Mikrofon sind zwecks Videokommunikation oft auch mit dabei, mitunter sogar in 3D und mit Bewegungssensoren. Ihr Gerät schaltet das Bild auf Wunsch ab, wenn niemand davorsitzt? Dann besitzen sie ein solches Wundergerät. Doch wer garantiert, dass Ihnen daheim niemand zuhört? Dass nicht ausgerechnet das Bild Ihres Wohnzimmers stundenlang unbemerkt online ist? Möglicherweise sogar in 3D? Viren und Hacker gibt es genug, es ist alles nur eine Frage der Zeit.
Doch wer garantiert, dass etwaiger Missbrauch dann auch an die Öffentlichkeit gelangt, geschweige denn behoben wird? Wo schon jetzt unklar ist, wer wieviel von uns im Internet weiß, ohne uns je gesehen oder gehört zu haben.

Fazit

Sobald man online geht, gibt es prinzipiell keine vollständige Anonymität und Privatsphäre mehr. Wenn man sich aber als gewöhnlicher Mensch normal und seriös im Internet bewegt, ohne allzu viel online zu kaufen, so ist die eine oder andere genannte Lösung sicherlich eine gute Möglichkeit, um zumindest einen kleinen Teil der verbliebenen Privatsphäre zu behalten.
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